Design Thinking –Komplexe Aufgaben lösen und neue Ideen entwickeln

Design Thinking ist eine nutzer:innenzentrierte und iterative (sich schrittweise annähernd) Methode für die Lösung von komplexen Problemen und die Entwicklung neuer Ideen. Mit der Design Thinking Methode gelingt es Dir unter Abwägung von Wirtschaftlichkeit, Machbarkeit und Erwünschtheit aus dem Problemraum hinein in den Lösungsraum eine aus Nutzer:innensicht überlegene Lösung zu entwickeln.

In diesem Beitrag skizziere ich die Grundzüge des Design Thinking und führe Dich durch die sechs Phasen der Design Thinking Methode.

Woher kommt Design Thinking?

Den Namen verdankt Design Thinking der Arbeitsweise von Designern. Diese folgen bei ihrer Arbeit einem intuitiven Prozess, der im Kern auf Beobachtung und einer hohen Nutzerzentrierung basiert.

Einsatzgebiete Design Thinking

Design Thinking findet in vielen Bereichen Anwendung. Mit seiner offenen, kreativen aber gleichzeitig systematischen Herangehensweise bietet Design Thinking ein strukturiertes Vorgehensmodell für unterschiedliche Fragestellungen und Problembereiche. Im Zuge der Digitalisierung bietet Design Thinking eine geeignete Methode, um Online-Bildung und Digitale Jugendarbeit zu entwickeln.

Der Design Thinking Prozess

Der Design Thinking Prozess ist Kern der Design Thinking Methode. Dabei sind der Start und vor allem das Ende des Design Thinking Prozesses charakteristisch.

  • Du startest mit einem “Beginners Mind” und der Haltung, dass Du nichts weißt.
  • Du bist erst fertig, wenn eine Idee umgesetzt und konkret implementiert ist.
  • Der Verlauf dazwischen ist ein iterativer Prozess in dessen Zentrum Nutzer:innen und ihre Bedürfnisse stehen.

Der Design Thinking Prozess erstreckt sich über sechs Phasen.

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Phase 1: Verstehen

In der ersten Phase definierst Du deine Ausgangssituation und stellst sicher, dass alle am Prozess beteiligten Personen ein gemeinsames Verständnis haben. Dabei ist deine Ausgangssituation durch zwei wesentliche Elemente gekennzeichnet:

  • Es gibt ein zu lösendes Problem aus Sicht der Nutzer:innen und / oder deiner Organisation.
  • Die Rahmenbedingungen, die durch deine Organisation vorgeben sind, sind transparent.

Ziel der ersten Phase ist eine Definition der Problemstellung aber auch eine Absteckung des Lösungsraums. Achte in dieser ersten Phase vor allem darauf, die Interessen deiner Organisation und deines Auftraggebers nicht mit den Interessen der Nutzer:innen zu verwechseln.mDu schließt diese Phase mit einer Liste von Hypothesen, wie das Problem sich aus Sicht deiner Nutzer:innen darstellt. Ein gemeinsames Problemverständnis ist das Fundament, auf dem der Design Thinking Prozess in den nächsten Stufen gedeiht.

Phase 2: Beobachten

In der nächsten Phase des Design Thinking Prozesses gehst Du in die direkte Auseinandersetzung mit den Nutzer:innen. Dabei verfolgst Du das Ziel, die Bedürfnisse und Prioritäten deiner Nutzer:innen zu analysieren und zu verstehen. In persönlichen Gesprächen mit dem Nutzer:innen lässt Du dir vor allem demonstrieren, wie sie das Problem heute für sich lösen. Dabei achtest Du ganz besonders auf improvisierte Lösungen, die deine Nutzer:innen entwickelt haben, um ihr Problem zu lösen. Diese “Krücken” sind ein sehr starker Indikator dafür, dass das Problem wirklich dringlich ist. Du bist in dieser Phase vor allem Beobachter:in und Zuhörer:in. Das heißt, Du versuchst zu verstehen, welche deiner Annahmen und Gedanken aus der ersten Phase sich bestätigen, aber vor allem welche Hypothesen sich nicht aufrechterhalten lassen. Da wir Menschen dazu tendieren nur Dinge wahrzunehmen, die unsere Sichtweise unterstützen, hilft es diese zweite Phase mit dem Auftrag einzuläuten, genau die Annahmen zu identifizieren, die Du streichen kannst. Diese Erkenntnisse helfen Dir in der nächsten Phase des Design Thinking Prozesses deine Sichtweisen zu definieren.

Phase 3: Sichtweisen definieren

In der dritten Phase der Design Thinking Prozesses erfolgt die Synthese der beiden ersten Schritte. Dein Ziel ist es, auf Basis der gesammelten Annahmen und Beobachtungen einen konzeptionellen Rahmen zu entwickeln, der den Lösungsraum absteckt und der deinen idealen Nutzer:in abbildet. Während Du in den ersten beiden Schritten mit einer sehr analytischen Sichtweise gearbeitet, viele Annahmen getroffen und Eindrücke gewonnen hast, gilt es in dieser dritten Phase des Design Thinking Prozesses die gewonnenen Eindrücke auf den “Punkt zu bringen”. Du kannst Dir Design Thinking an dieser Stelle wie ein Puzzle vorstellen. Aus den Eindrücken und Teilen des ersten und des zweiten Schrittes formulierst Du nun ein stimmiges Gesamtbild.

Wer ist der oder die ideale erste Nutzer:in?

Dabei steht insbesondere im Vordergrund, dass Du eine Vorstellung von deinen ersten Nutzer:innen entwickelst. Also der Kreis von Nutzer:innen, die im besonderen Maße von dem Problem betroffen sind und damit möglichst aufgeschlossen für deine noch zu entwickelnde Lösung sind. Die idealisierte Darstellung dieser Personengruppe nennen wir “Persona”, die Du zum Abschluss der dritten Phase möglichst ausführlich beschreibst. Die Persona dient in den nun folgenden Schritten als Polarstern für die Entwicklung deiner Lösung.

Phase 3: Ideen finden

In der vierten Phase des Design Thinking Prozesses entwickelst Du mit deinem Team Ideen, wie ihr das Problem für die definierten Zielgruppen und Persona lösen möchtet. Dazu geht ihr in drei Schritten vor:

Sammlung:Zunächst sammelt ihr möglichst viele Ideen ein. Dabei sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt, jede noch so verrückte Idee hat ihren Raum. Ganz wichtig: Ideen werden in diesem ersten Schritt nicht bewertet.

Bewertung: Wenn ihr eine ausreichende Anzahl von Ideen gesammelt habt, ordnet, diskutiert und priorisiert ihr eure Ideen. Dabei hat die Vereinbarkeit von Wirtschaftlichkeit, Machbarkeit und Erwünschtheit oberste Priorität.

Priorisierung: Schließlich legt euch auf eine Idee fest. Sei dabei bitte kritisch. Statt einfach alle Ideen zu einer großen Idee “zu verschmelzen” ist deine wichtigste Aufgabe, dich auf wenige Aspekte deiner Lösung zu fokussieren. Es ist einfacher eine Lösung mit wenigen Aspekten zu testen, als eine zu aufwendige Lösung.

Abgucken und remixen ausdrücklich erwünscht. In dieser Phase des Design Thinking Prozesses ist das Abgucken erlaubt und explizit erwünscht. Das heißt, scheut euch nicht auf den Ideen anderer Teammitglieder aufzubauen und deren Ideen weiterzuentwickeln. Vor allem aber schau auch auf andere Organisationen. Der Blick über den Tellerrand lohnt sich in mehrfacher Hinsicht. Zum einen löst Du dich von existierenden Mustern und sogenannten “best practices” deiner Organisation, die meistens nicht zu einer überlegenen, sondern nur einer “leicht verbesserten” Lösung führen. Zum anderen kannst Du bei einem Blick über den Tellerrand erfahren, welche Erfahrungswerte andere Organisationen aus ähnlichen Bereichen mit ihren Lösungen haben. Mit der gemeinsamen Vorstellung der ersten zu realisierenden Idee tauchst Du nun in die nächste Phase des Design Thinking ein.

Phase 5: Prototypen entwickeln

In der fünften Phase der Design Thinking Methode ist vor allem Kreativität und handwerkliches Geschick gefragt. Deine Aufgabe ist es deine präferierten Ideen in einen Prototyp zu übersetzen. Bis hierhin habt ihr bereits euren idealen Nutzer:in im Kopf, habt euch in der direkten Auseinandersetzung mit dem Nutzer:in von dessen Problem überzeugt und Ideen priorisiert, wie ihr dessen Bedürfnisse erfüllen könnt. Nun geht es darum eine solche Lösung zu modellieren.

Diese Rahmenbedingungen helfen Dir beim Prototyping:

  • Konzentriere Dich auf Prototypen, die Du in deinem Team entwickeln kannst
  • Investiere nicht zu viel Zeit und Energie
  • Ein Prototyp ist zweckmäßig und niemals fertig

Bei der Gestaltung sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Wichtig ist nur, dass Du einen Prototypen entwickelst, der deinen Nutzer:innen die Chance gibt, sich in deine Lösung rein zu versetzen, um dir ein Feedback geben zu können. Nur ein echtes Feedback bringt euch auf der Suche nach der besten Lösung einen Schritt weiter.

Phase 6: Testen

In der letzten Phase des Design Thinking Prozesses wird es ernst. Während Du dich bisher eher beobachtend, verbal oder auch intellektuell mit deinen Nutzer:innen auseinandergesetzt hast, präsentierst Du ihnen nun deinen Prototypen. Das wichtigste Ziel in dieser Phase ist, Feedback zu bekommen. Nicht etwa deine Nutzer:innen von der Brillanz einer Idee zu überzeugen. Prototypen haben die einfache Aufgabe abstrakte Konzepte greifbar zu machen. Und es ist eben ein Prototyp, deswegen darfst Du ruhig auch mal sagen: “Das war keine gute Idee, weg damit”.

In dieser Phase beobachtest Du aus nächster Nähe wie die Nutzer:innen mit deiner Lösung interagieren. Dabei sind Fragen der Nutzer:innen ein guter Indikator dafür, dass die Nutzer:innen sich bereits in deine Lösung “eindenken” und sich aktiv mit ihr auseinandersetzen. Versuche dabei immer den Hintergrund ihrer Fragen zu verstehen. Dadurch erhältst du wertvolle Einblicke auch auf Punkte, die dir bisher vielleicht verborgen waren. Wenn Du mit fünf Nutzer:innen gesprochen hast, wirst Du bereits einen Großteil der Verbesserungsvorschläge und des Feedbacks erhalten haben.

Zurück auf Los oder Implementieren

Mit dem Testing schließt sich der Kreis der Design Thinking Methode. Von hier aus kann es in jede Richtung weiter gehen. Vielleicht musst Du noch einmal auf “Los” zurück, weil Du wichtige Erkenntnisse erst in dieser letzten Phase gewonnen hast. Vielleicht darfst Du aber auch nur deinen Prototypen variieren, um ein neues Feedback zu erhalten. Erst wenn Du zuversichtlich bist, dass dein Prototyp bei einer ausreichend großen Anzahl von Nutzer:innen auf Resonanz stößt, fängst Du an deine Lösung umzusetzen.

Fazit – Design Thinking Methode und Haltung in der Online-Bildung

Wir halten an dieser Stelle fest: Design Thinking ist Methode und Haltung zugleich. Methode, weil Design Thinking dir einen Prozess bietet, wie Du Probleme mit Fokus auf deine Nutzer:innen lösen kannst. Dabei erfordert der Design Thinking Prozess aber auch eine gewisse Haltung, die im Wesentlichen durch folgende Merkmale charakterisiert ist:

  • Du startest mit einem “Beginner Mind”.
  • Erst das Problem verstehen, dann Lösungen entwickeln.
  • Die Menschen stehen im Fokus.
  • Du bist bereit nicht tragfähige Ideen zu verwerfen
  • Du bist erst fertig, wenn deine Idee umgestzt und implementiert ist.

Um mit Design Thinking in deinem Arbeitsalltag vorwärtszukommen, muss Methode und Haltung in deinen Arbeitsalltag einfließen. Dazu brauchst Du vor allem viel Übung und praktische Anwendung.

Deine Erfahrungen zu Design Thinking kannst du mit anderen in dem digitalen Austauschtreffen online think designbowl teilen, dich vernetzen und inspirieren. #bepartofit